Ödipus
Eine Kriminalkomödie
- Vorstellungsdauer
- ca. 120 Minuten, keine Pause
Uraufführung
Premiere: Sa. 02. Okt. 2021, 20.00
Der klassische ÖDIPUS-Stoff als radikale Kriminalkomödie. Wo hört das Schicksal auf und wo beginnt der freie Wille, fragt sich der liebende Bub im Arm der Mutter zwischen Vatermord und Käseigel. Ein Nestroypreis-nominiertes Familiendrama mit Slapstick-Spaß und Kalauer-Garantie von Alexander Pschill und Kaja Dymnicki. Die alten Griechen hätten Ihre(n) Freud!
Über Ödipus
„Ein flott inszenierter und stark gespielter Spaß mit überraschenden Wendungen. Großer Jubel!“ Kurier
Früher war er so ein lieber Bub! Was ist da passiert? Wann ist es passiert und ist etwas passiert? Hätte nicht alles anders kommen können? Und wenn, wie? Wodurch hat die Katastrophe begonnen?
Oioi, wenn man das wüsste. Ist der Lauf der Dinge vorherbestimmt und launenhafte Gottheiten wählen uns Menschen für ihre grausamen Spiele willkürlich aus? Oder (welch ein moderner Gedanke!) gibt es Ursache und Wirkung, eine stringente Ereigniskette aus dem Kleinsten ins Größte, aus dem Banalen ins Entsetzliche?
In der Bearbeitung der Ödipus-Legende des Duos Dymnicki-Pschill ist die gewählte Antwort eine psychologische – jedes Desaster beginnt mit einer Kränkung. Diese Verletzung der Seele findet zu Anfang der Geschichte statt und wird an ganz bestimmten Weggabelungen aufs Neue durchlitten. Das hat verhängnisvolle Entscheidungen zur Folge und führt letztendlich in den Abgrund. Die uralte Geschichte des Ödipus steht stellvertretend für die Unausweichlichkeit unserer Handlungen. Der Feind, der einem gegenübertritt, ist man letztlich immer selbst. Für alle anderen gibt es zwei Möglichkeiten: Mord oder Therapie. Da beides, heute wie damals, nicht immer eine Option ist, gab und gibt es das Theater.
Bei ÖDIPUS kann das Publikum nicht nur zusehen, sondern auch teilhaben und an entscheidenden Gabelungen Schicksal spielen. Ob das einen Unterschied macht, wird sich zeigen. Aber kennen wir diese Widersprüchlichkeit nicht aus dem echten Leben? Unsere Kränkungen lenken uns, unsere Traumata machen uns zu Täter*innen, unsere Träume zu Hoffenden und unsere Taten zu tragischen Existenzen, über die der Himmel lacht. Let’s party!
Team
- Es spielen
- Text
- Regie
- Ausstattung
- Musik/Sound
- Dramaturgie
- Licht
- Maske
- Regieassistenz
- Regiehospitanz
- Kostüm- und Requisitenbetreuung
- Tontechnik
- Bühnentechnik
- Stefan Lasko, Alexander Pschill, Katharina Stöger
- Katja Thürriegl
- Nina Haider, Katharina Stöger
- Peter Hirsch
- Hans Egger, Andreas Nehr
Foto-Galerie
Kritiken
Über die Produktion
„You sexy motherfucker …“ Prince
Wir alle haben Eltern. Sie wollen zumeist nur das Beste und sie lieben uns, oioi, zumindest behaupten sie das, wenn schon nicht uns, so doch jedem gegenüber, der es hören will. Eltern können schrecklich peinlich sein.
Elterliche Vorstellungen, Projektionen, „Hilfestellungen“ sind zumeist die ersten andauernden Gegner und Widerstände auf unserem Wege zur Entfaltung, zu ersten Selbstwirksamkeits-Erfahrungen. Sie sind nicht selten Feinde unserer ersten eigenen Lebensentwürfe, gegen die wir an- und heißrennen. Ja, wir schwören uns heilig, mit den eigenen Kindern gänzlich anders zu verfahren, bis uns schlussendlich diese wiederum ihre Vorstellungen von Lebensentfaltung präsentieren, wogegen wir dann doch den einen oder anderen klitzekleinen, gut gemeinten, wenn auch bestimmten Einwand hervorzubringen uns gezwungen sehen. Schließlich lieben wir unsere Kinder und wollen für sie nur das Beste …
Ob nun verdeckt oder auch ganz offen, der Ort der schlimmsten Verbrechen ist die Familie. Das wussten ¬– wie immer – schon die alten Griechen. Familie ist unser Schicksal. Sie ist die allererste Agentur in dieser Lebenslichtung, die uns mit den Normativen des gesellschaftlichen Seins bekanntmacht und wehe, oioi, wir sind mit diesen nicht ganz einverstanden oder entdecken darin irgendwelche Widersprüche, die wir anzusprechen uns vielleicht getrauen …
Ja, dieses Universum ist ein verschmitzter Ort: In unserer unmittelbaren Existenzialität stellt es uns Menschen gegenüber, die zu „morden“ wir manchmal uns gezwungen sehen, wenn wir nicht in den ersten frühkindlichen Bindungen verkümmern wollen. Lebenslang im Gefängnis der elterlichen Welt. Manch einer nennt dies Traditionen oder „Erfahrungsschatz der Alten“, um es positiv aufzuladen. Aber der Mensch ist nun einmal das zweibeinige (manchmal auch vier- oder dreibeinige) Tier, das hinausragt in seine offene Zukunft und gierig das Neue, das Nicht-Bekannte, die Gefahr sucht, um wiederum auf nächster Ebene sich niederzulassen. Wogegen Eltern etwas vorzubringen zumeist sich nicht enthalten können. Unser Schicksal? Unser Fluch? Ja, dies haben schon Freud, Lacan, Foucault, Fromm und die ganze kritische Theorie erkannt. Man darf das alles nicht so wörtlich nehmen, es ist ein Komplex, ein Transmissionsriemen, uns die elterliche Welt und unsere manchmal abgrundtiefe Wut auf sie zu rationalisieren.
Indessen reden die Griechen nicht nur von Eltern-Mord, sondern auch von Elternbegattung. Mal abgesehen von der frühkindlichen, freudsch gedeuteten Sexualitätsgenese, welche hier nicht Thema sein kann – liegen wir nicht auch im übertragenen Sinne mit den elterlichen Traditionen und Bräuchen zu Bette? Sie bloß zu „töten“ ist doch erst die halbe Geschichte!
Wenn wir mit ihnen unter Decken uns beschäftigen, so wirft dies Tun gelegentlich Produkte aus, verdrehte Geschöpfe, hässliche und vielversprechende Kinder vielleicht, in einem andern Sinne auch verflucht, jedoch lebendig, wild und neu. Sie ähneln uns selbst und spiegeln doch die Traditionen wider, aus deren Schoß sie schlüpfen. Ein Muster an Selbstähnlichkeiten, anhand dessen wir unsere Zeit und vielleicht uns selbst erkennen.
Alexander Pschill und Kaya Dymnicki sind Kinder dieser Tradition. Sie betreiben Mythologie ganz im oben beschriebenen Sinne. Und sie sind Eltern: Fruchtbringend und lachend mordend zugleich. Ihre Theaterabende, die man im Übrigen auch anderorts in dieser Stadt bewundern und belachen kann, sprühen nur so vor Witz, Intelligenz und gleichzeitig Traditionsbewusstsein, dass einem Hören und Sehen aufgehen.
Wenn die beiden sich einen Stoff vornehmen, so befragen sie ihn wie Eltern einen um vier Uhr morgens betrunken nach Hause gekehrten Teenager und spielen gleichzeitig wiederum damit wie hochbegabte Kinder mit einem Rubik-Würfel. Verdrehen ihn und erfreuen sich seiner farbigen und schillernden Möglichkeiten. Auf beiden Wegen jedoch kommt man zu Lösungen, die sich auf tiefem Grunde herrlich ergänzen und an der Oberfläche Funken schlagen. Mögen die Götter und Göttinnen uns gnädig sein und solch ein Theater erhalten, welches uns immer zu den mythischen Schäumen, den großen Geschichten zurückrollt und mit seinen volkstheatralen, bastardischen Mitteln mit uns selbst konfrontiert.
Gernot Plass
Künstlerischer Leiter des TAG