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Macbeth

Reine Charaktersache

Von Gernot Plass

Frei nach “Macbeth” von William Shakespeare

Vorstellungsdauer
ca. 125 Minuten, keine Pause

Uraufführung

Premiere: Sa. 03. Feb. 2018, 20.00

Derniere: Di. 28. Mai 2019, 20.00

Über Macbeth

Macbeth, das finstere schottische Stück.



Direkt aus der Hölle raunen Hexen Macbeth seine vorherbestimmte Zukunft, prophezeien den größten aller Aufstiege und setzen damit das Desaster auf Schiene. Die nachhaltige Manipulation der Lady Macbeth tut ihr übriges.



Eine archaische Vorzeit trifft auf modern schillernde Charaktere und geht in dieser fünffüßig getakteten Sprechoper der brennenden Frage nach der Unumkehrbarkeit des Schicksals nach. Ist alles Vorherbestimmung? Gibt es so etwas wie freie Entscheidung überhaupt? Oder ist doch alles nur Zufall?



Gernot Plass packt den shakespeareschen Handlungs- und Konfliktkern in ein rasantes, sprachgewaltiges, scharfzüngiges und zeitkritisches Kostüm. Sprachlich wie inhaltlich ein runderneuerter Klassiker-Hit, der mit viel Witz und Tempo eines der berühmtesten Bühnenstücke ins Heute holt.

Team

Es spielen
Text
Gernot Plass
Regie
Gernot Plass
Ausstattung
Alexandra Burgstaller
Licht
Hans Egger
Regieassistenz
Renate Vavera
Regiehospitanz
Lila Ludwig

Foto-Galerie

Kritiken

“Das TAG hält mit der neuesten Shakespeare-Arbeit von Gernot Plass sein hohes Niveau (…) Wieder einmal sei festgehalten: Die Qualität des Ensembles im TAG ist atemberaubend.”
Kurier
“Mordsmäßig rasant und ein Heidenspaß: „Macbeth“ im TAG – Gernot Plass inszeniert ‘das schottische Stück frei nach William Shakespeare einfallsreich und eigenwillig. ‘Macbeth. Reine Charaktersache’ ist eine Überschreibung ins Heute mit raffinierten neuen Versen. Sechs Schauspieler agieren entzückend vielfältig. (…) Das Stück ist also eine äußerst sensible Zurschaustellung von Legitimität inmitten größtmöglicher politischer Wirren. All das hat Regisseur Gernot Plass mit einem kleinen Team auf der kompakten Bühne des TAG wunderbar verdichtet und sprachlich modernisiert.”
Norbert Mayer — Die Presse
“Die Klassikerüberschreibungen des TAG-Intendanten sind längst ein Markenzeichen geworden (…) Mehr davon.”
Petra Paterno — Wiener Zeitung
“Die Dialoge rasen von Wortwitz zu Wortwitz.”
Falter
“Klassiker-Neudichter Gernot Plass stellt nach Richard II und Hamlet seinen neuen Shakespeare vor. Plass hat an mehreren Schrauben des Dramas gedreht. In ihm verfällt der schottische Heerführer (hier: Julian Loidl) bekanntlich in einen besinnungslosen, meuchelnden Machtrausch. (…) Plass kürzt mit Bedacht. Über weite Strecken sind es zünftige Zweiwortdialoge, die auf der Bühne des TAG Tempo machen. (…) Der Grusel funktioniert.”
“Ein irrwitziger Macbeth, tragisch, komisch, voller Pointen und neuer Schichten (…) Dass alles noch von einem winzigen Ensemble gespielt wird, macht den Abend noch erstaunlicher, als er ohnehin schon ist. Georg Schubert ist atemberaubend (…) Auch die anderen fünf Schauspieler wechseln ebenso mühelos zwischen Sohn, Ehefrau, Soldat, Witz und Pathos. (…) Dieser Macbeth ist im besten Sinne postmodern, er spielt mit unserem Vorwissen über diese große Literatur, kommentiert, ironisiert und schreibt sich selbst in die Geschichte hinein.”
Raiffeisenzeitung
“Gernot Plass ist ein exzellenter Abend gelungen. Modern, witzig, temporeich, und das alles, ohne dem Shakespeare’schen Stoff in irgendeiner Weise Gewalt anzutun.”
Michaela Mottinger — Mottingers Meinung
“Der permanente Wechsel von tragischen Ereignissen wie Morden, Komplotten und höchst humorigen Einschüben wie die Szenen der Hexen, aber auch der drei gedungenen Mörder, die in einem Tirolerisch reden, dass man die Berggipfel dabei sehen kann, machen den Reiz des Stückes aus. (…) ‘Macbeth – Reine Charaktersache’ könnte sich zu einem wahren Publikumsmagneten entwickeln. Gerechtfertigt wäre es.”
Michaela Preiner — European Cultural News
“(Plass) hat einen Macbeth auf die Bühne gestellt, der mit seinem Wortwitz und der Neuninterpretation britischer Vergangenheitsbewältigung das Publikum neben der getreulichen Vermittlung des originalen Inhalts des Dramas sogar zum Lachen verführt und die Zeit damit wie im Flug vergehen lässt.”
“Das Ensemble brilliert in sehr direktem Spiel, das höchste Anforderungen in Sprache, Bewegung und Szenenwechsel stellt. Julian Loidl setzt als grandioser Macbeth eine ausdrucksstarke Präsenz und Dichte in den Bühnenraum, die im Dialog mit Lady McBeth – großartig Elisa Seydel – bis zum furiosen Finale gespannt folgen lässt. Seine Darstellung ‘inneren Ringens’ ist ganz große Bühnenerzählung. Es sind variantenreiche Farben der Inszenierung und Assoziation, in denen das TAG Theater Wien Shakespeares ‘Macbeth’ beeindruckend leuchten lässt. Ein Theaterabend, der etwas ganz Besonders ist.”
Walter Pobaschnig — Literaturoutdoors

Über die Produktion

Vieles ist über „Macbeth“ gedacht, vermutet, ausgesprochen, endlich auch geschrieben worden. Es wäre Shakespeares blutigstes, entsetzlichstes, auch dunkelstes und abgründigstes Stück. Und ja – gestorben wird darin recht deftig. Dunkelheit und Blut spielen richtiggehend eine Rolle, also treten auf.

Aber versteht man den Macbeth? Ist er nicht ein eigentliches Rätsel? Und was redet er zu uns Modernen?

Da sind die Hexen, Schülerinnen Hekates, der grauen Göttin aus der Unterwelt. Sie raunen Zukunft, spinnen scheinbar gleich den Nornen an dem Faden „Schicksal“ – aber gibt es dieses Schicksal? Sprechgehandelte und schnell gesagte Prophezeiungen – sie treten ein, doch tun sie es mit Notwendigkeit? Und tun sie es auch alle? Phytische Rätselworte sind sie, rhythmisch übergeben. Aber wo übergeben wird, da muss auch übernommen werden.

Da ist Macbeth – der Geher, der durch seine dunkle Heide irrt. Gejagt von seinem Dämon, der ihn antreibt, der sein Feuer facht, ihn in ein ständiges „Voran-voran“ scheucht, richtiggehend ihn erhebt, zur reinen, personifizierten Tat. Aber man verwechsle diesen Schlachtreihen-Fresser nicht mit einem schottischen Conan! Denn Macbeth hat klingende Tiefe, die von hoher Intelligenz erzählt und ihm eher einem gewissen dänischen Prinzen verwandt macht als dem urzeitlichen Barbaren. Ja, Macbeth braucht Kriege und er ist Genie dieser Kriege, „Bräutigam der Göttin Krieg“! Doch wehe, wenn die Kriege enden. Da schenkt ihm sein Dämon andres Licht, verbiegt und deformiert berserkerhafte Energie in visionäre Begabung, die Macbeths Bewusstsein angreift. Macbeth der Angreifer – ist auch ein Angegriffener. Und nicht nur er, auch seine Lady, welche eine der energischsten Nummern in der Dramengeschichte zum Thema „starke Frau“ hinlegt (die zu beschreiben eines weiteren Programmheft bedürfte), hält der Dämon in festem Griff, bis ihr Verstand zerspringt am starken Strom, der in sie einfährt, sämtliche ihrer Sicherungen derart durchknallen lässt, dass Ärzte oder Priester ihr auch nicht helfen könnten. Verlassen noch von allen guten Geistern.

Dieses „Mehr und immer Mehr“, das „Immer weiter“, bis auf das alles zerbricht! Die Lust an der Zerstörung, die gemäß ist auch der Kraft dieser Zerstörung. Kommt uns das nicht irgendwoher in seinem Irrsinn bekannt vor? Uns, die wir das Glück erfunden haben? „Was ist Leidenschaft?“ So fragen wir und blinzeln. Shakespeare reicht hier eine Botschaft durch in unsere Zeit, die lese, wer Übersetzungs- und Übertragungsspiegel zur Verfügung hat. Der Abgrund einer aus sich selbst rollenden Megamaschine.

Aber wohnt nicht im tiefsten Abgrunde noch sardonisches Gelächter? Wir wollen schließlich unterhalten werden! Und wir werden unterhalten und bezahlen Unterhalt – gerne –, dass uns diese Unterhaltung am Ende nicht angreife!

Gernot Plass ist ein Angegriffener und ein Anzugreifender. Angegriffen vom biederen Geiste des Perfektionismus, von Wut-, Panik-, seltener von Schreibanfällen, greift es in ihm um sich. Es überfällt ihn leptisch, episodisch, und da will man nicht dabei sein. Aber man kann ihn angreifen. Denn: greift er, „post-iktal“, einen Autor und sein Werk auf und also an, müsste es eigentlich „Skandal!“ schreien. Wird hier auch nicht mehr von Versuch geredet, sondern längst von Position. Das Wort „Stil“ liegt zu nahe an „Zumutung“. Aber drauf! Angriff! Denn das ewige Feixen, man wäre hier doch bloß in einem „Vorstadttheater“, ist eine typisch hexische Trickserei, ein Griff nach dem Unten und man hüte sich doch und gerade vor der Peripherie, wenn sie um Milde heischt. Denn: der Umgang mit Hexen verdirbt den Charakter vor allem – wenn man keinen hat.

Da könnte man Macbeth dazu befragen, wäre er nicht nur einer dieser phantastischen, shakespeareschen Schatten, die sich in Luft auflösen. Voll des Lärms, mit „sound and fury“ untergegangen. Uns verwirrte und erregt Zurückgelassene, nach dem Warum und Wozu Fragende.

Hat man sich aber – mit Unterbrechungen – über ein Jahr in seiner Landschaft aufgehalten, sie erkundet, ihre Tiefen ausgelotet, um sie sich begreiflicher zu machen, kann man die eigentliche Moral des Stückes nur schwer übersehen: Macbeth ist weniger ein großer Mörder, als ein großer Sterber. Im Tode erfasst er die Grundsituation alles menschlichen Daseins. Er streckt die Finger in den Abgrund, riecht daran und erkennt: es riecht nach – nichts.

Nach dem Tod der Lady stehen bloß noch kleine Bäume um ihn in der Landschaft. Aus der Erde gerissenes Gebüsch an Figuren. Und der pubertäre Faschismus – das ist eigentlich: Malcolm.

Macbeth dagegen ist ein Riese. Versteht man das? Er stirbt als Riese, indem er versucht, alles riesenhaft mit sich zu reißen. Diktatorentod. Dieses Stück hat eine uns zwar abstoßende, nahezu faschistoide Moral, um welche die Guten und Furchtsamen schon einiges Gebüsch an Aberglauben pflanzten. Einen kleinen „Wald von Birnham“, sozusagen, der nach der Zitadelle seines Titel-Riesens wandert, von ihr angezogen wird – heranrückt! Eine Moral, die zu begreifen uns aber fernliegt und an der man sich verbrennen kann – ein heißes Ding –, welche die eigentliche Charaktersache offenbart: Größe.

Gernot Plass
Künstlerischer Leiter

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